Schlechtes Gewissen nach dem Seitensprung? Fehlanzeige!

Jasmin Diop
Jasmin Diop

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Nach einem Seitensprung geben sich die meisten Ehebrecher reuig? Forscher fanden nun heraus, dass nur die wenigsten Fremdgänger ein schlechtes Gewissen haben.

Reue ist unter Ehebrechern weniger weit verbreitet als erwartet.
Reue ist unter Ehebrechern weniger weit verbreitet als erwartet. - depositphotos

Verheiratete Menschen, die Seitensprünge wagen, empfinden diese als äusserst befriedigend und zeigen kaum Bedauern. Sie sind sogar der Meinung, dass ihre Affären ihren ansonsten gesunden Ehen nicht geschadet haben.

Eine umfangreiche Befragung von Nutzern der US-amerikanischen Plattform Ashley Madison zur Vermittlung ausserehelicher Affären stellt gängige Vorstellungen über Untreue infrage. Die Resultate wurden 2023 im wissenschaftlichen Journal «Archives of Sexual Behavior» publiziert.

Schlechtes Gewissen nur ein Mythos?

Dylan Selterman, Dozent für Psychologie und Neurowissenschaften an der US-amerikanischen Johns Hopkins Universität, weist darauf hin, dass Realität und Vorstellung weit auseinandergehen: Der Hauptautor der Studie erklärt, dass Menschen in Filmen und Büchern nach Seitensprüngen oft mit starken moralischen Gewissensbissen dargestellt würden. Bei den Studienteilnehmern sei dies nicht zu beobachten gewesen.

Vielmehr hätten die Befragten von hoher Zufriedenheit mit Blick auf ihre Affären berichtet, sowohl auf sexueller als auch emotionaler Ebene. Derweil seien die Gefühle des Bedauerns niedrig ausgefallen. Dies zeichnet ein komplexeres Bild von Untreue als bisher angenommen.

Mann Grübeln schlechtes Gewissen
Das schlechte Gewissen nach dem Seitensprung ist offenbar seltener als gedacht. - depositphotos

Ziel dieser Untersuchung war es, zu verstehen, was Menschen dazu bewegt, aussereheliche Affären einzugehen und wie sie diese erleben. Dazu interviewte Selterman zusammen mit weiteren Forschern fast 2000 aktive Nutzer der Seitensprung-Plattform vor und nach ihren Affären.

Die Psychologie hinter dem Seitensprung

Die Teilnehmenden wurden zum Zustand ihrer Ehe, ihren Gründen für einen Seitensprung und ihrem allgemeinen Wohlbefinden befragt. Sie waren meist männlichen und im mittleren Alter und berichteten von grosser Liebe zu ihren Partnerinnen, aber geringer sexueller Zufriedenheit. Trotz der starken emotionalen Bindung war etwa die Hälfte der Befragten in ihrer Beziehung nicht sexuell aktiv.

Viele Befragte gaben an, in ihrer Ehe nicht sexuell aktiv zu sein.
Viele Befragte gaben an, in ihrer Ehe nicht sexuell aktiv zu sein. - depositphotos

Sexuelle Unzufriedenheit war dabei der am häufigsten genannte Grund für einen Seitensprung. Weitere Motive waren das Verlangen nach Unabhängigkeit und sexueller Vielfalt. Fundamentale Probleme wie fehlende Liebe oder Wut auf den Partner zählten hingegen zu den am seltensten genannten Fremdgeh-Gründen.

Untreue kein Zeichen für schlechte Ehe

Selbst eine rundum glückliche Ehe hielt die Fremdgänger nicht davon ab, ihre Affären zu geniessen. Im Gegenteil: Sie empfanden ihre Eskapaden in jeder Hinsicht als äusserst befriedigend und bereuten diese nicht.

Manchmal gingen Menschen fremd, obwohl ihre Beziehungen eigentlich gut liefen, so Selterman. Es gebe keine soliden Beweise dafür, dass Affären mit einer geringen Beziehungsqualität oder wenig Lebenszufriedenheit einhergingen.

Selterman plant nun, seine Forschung fortzusetzen und andere Gruppen von Fremdgängern mit den Nutzern der Seitensprung-Plattform zu vergleichen. Sein Fazit bis jetzt: Monogamie sei offenbar wirklich sehr schwierig aufrechtzuerhalten, besonders über die gesamte Lebensspanne hinweg.

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