Intimität: Darum kommen Frauen weniger auf ihre Kosten
Beim Sex ist es uns wichtig, unsere Lust voll auszuleben. Eigentlich. Doch was tun, wenn nicht beide im Bett gleichermassen auf ihre Kosten kommen?
In der Welt der Sexualforschung war Ellen Laan eine leuchtende Ikone. Ihre Studien und Erkenntnisse haben das Verständnis von sexueller Lust, Begierde und Genuss revolutioniert.
Eine ihrer letzten Arbeiten wirft ein neues Licht auf die Frage: Haben Frauen weniger sexuellen Spass als Männer?
Eine von Ellens letzten Publikationen trägt den Titel «Auf der Suche nach Vergnügen: Eine biopsychosoziale Perspektive auf sexuelles Vergnügen und Geschlecht». Dieses Werk beleuchtet das komplexe Zusammenspiel zwischen Geschlecht und sexuellem Genuss unter Berücksichtigung biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren.
Geschlechtergleichheit im Bett?
Ellen Laan betont, dass Sex nicht nur eine physische Erfahrung ist. Vielmehr ist es ein komplexes Puzzle aus unzähligen Einflüssen, die in jeder Situation individuell zusammentreffen.
Forscher haben herausgefunden, dass Männer und Frauen ähnliche biologische Voraussetzungen für den Empfang von Freude besitzen. Dennoch scheinen geschlechtsspezifische Barrieren zu existieren, insbesondere bei heterosexuellen Beziehungen.
Daten aus Hirnbildgebungsstudien zeigen kaum Unterschiede in der Reaktion männlicher und weiblicher Gehirne auf erotische Reize. Und auch beim sexuellen Verlangen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Berücksichtigt wurden dabei spontanes sowie reaktives Verlangen.
Männer aufgepasst: die Klitoris ist ihr Hauptlustorgan
Trotz dieser Erkenntnisse gibt es immer noch eine «Lustlücke». Heterosexuelle Frauen scheinen weniger sexuelles Vergnügen zu empfinden als ihre männlichen Partner.
Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Oft steht das weibliche Vergnügen nicht im Vordergrund oder der Sex hat für Frauen unverhältnismässige soziale Konsequenzen.
Zum Beispiel wird oft erwartet, dass Frauen durch Penetration einen Orgasmus erreichen, obwohl die Klitoris ihr Hauptlustorgan ist. Lesbische Paare hingegen erleben häufiger Orgasmen, da sie mehr Wert auf klitorale Stimulation legen.
Schliessung der Lustlücke
Für eine gleichberechtigte Zukunft muss diese Lücke geschlossen werden. Es geht dabei nicht um die Fähigkeit von Frauen zum Empfinden von Freude, denn diese ist gegeben. Vielmehr gilt es, das wahre erotische Potenzial der Frau zu erkennen und zu fördern.
Möglicher Lösungsansatz ist ein Diskurs über Geschlechterähnlichkeiten statt -unterschiede.
Auch sollten Themen wie lustorientierte Sexualerziehung mit Schwerpunkt klitoraler Stimulation und Einbezug verschiedener sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten aufgegriffen werden. Auf diesem Weg können wir einer gerechteren und befriedigenderen sexuellen Landschaft entgegensteuern.