«Breadcrumbing»: Was hinter dem Dating-Phänomen steckt

Janine Karrasch
Janine Karrasch

Du wartest auf eine Nachricht, aber er oder sie lässt dich zappeln? Das könnte «Breadcrumbing» sein – eine perfide Dating-Masche, die dein Gehirn manipuliert.

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Breadcrumbing ist eine manipulative Taktik, um die andere Person emotional «in der Warteschleife» zu halten. - Depositphotos

Du wartest schon wieder auf eine Nachricht von dieser einen Person, obwohl sie dir letzte Woche noch gesagt hat, wie besonders du bist. Heute herrscht Funkstille, und du fragst dich, ob du dir alles nur eingebildet hast.

Das perfide Spiel mit der Hoffnung: Was sich hinter dem Begriff «Breadcrumbing» verbirgt

«Breadcrumbing» ist wie ein emotionales Hungerspiel: Du bekommst gerade genug Aufmerksamkeit, um am Leben zu bleiben, aber nie genug, um wirklich satt zu werden. Der Begriff stammt aus dem Märchen von Hänsel und Gretel, die Brotkrümel als Wegweiser streuten.

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Wer kennt nicht die Geschichte von Hänsel und Gretel, die Brotkrümel zur Orientierung ausstreuten ... - Depositphotos

In der Dating-Welt bedeutet «Breadcrumbing», dass jemand dir kleine Hoffnungsschimmer gibt, ohne jemals echte Schritte zu unternehmen. «The Attachment Problem» beschreibt es als eine Taktik, bei der Menschen minimale Anstrengungen unternehmen, um dich interessiert zu halten.

Diese moderne Form der emotionalen Manipulation hat durch Online-Dating exponentiell zugenommen. Hinter einem Bildschirm fällt es leichter, oberflächliche Verbindungen aufrechtzuerhalten, ohne echte Tiefe zu entwickeln.

Die Anatomie der Manipulation: Vier wissenschaftlich belegte Merkmale von «Breadcrumbern»

Forscher haben vier Hauptmerkmale identifiziert, die «Breadcrumbing» charakterisieren: An erster Stelle steht schlechte Kommunikation – sporadische Nachrichten, kaum persönliche Gespräche und das Ignorieren von Nachrichten gehören dazu.

Das zweite typische Merkmal ist Vermeidungsverhalten. «Breadcrumber» können wochenlang ohne Kontakt auskommen. Wenn sie sich doch melden, geschieht das meist aus Einsamkeit oder niedrigem Selbstwertgefühl heraus.

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Typische Merkmale von «Breadcrumbing» sind sporadische und unregelmässige Kommunikation sowie oberflächliche Versprechen, die selten umgesetzt werden - Depositphotos

Mangelnde Verbindlichkeit ist die dritte Auffälligkeit: Gespräche über die Zukunft werden vermieden oder mit vagen Antworten abgeblockt. Und an vierter Stelle punktet negativ eine paradoxe Abhängigkeit vom Partner, bei der «Breadcrumber» jemanden «an der Angel» haben wollen, aber gleichzeitig Unbehagen bei tieferen Gefühlen empfinden.

Von Lovebombing bis Gaslighting: Fünf rote Flaggen, die du niemals ignorieren solltest

«Breadcrumber» zeigen oft eine Form der moralischen Distanzierung: Sie finden Rechtfertigungen für ihr Verhalten und distanzieren sich von den Konsequenzen. Die digitale Welt verstärkt dieses Phänomen durch toxische Enthemmung, bei der Menschen hinter Bildschirmen kritischer oder unfreundlicher werden.

Das erste Warnsignal dafür, dass du es mit einem «Breadcrumber» zu tun hast, ist intermittierendes Flirten – charmantes Verhalten zu Beginn, mit vielen Komplimenten, um dich anzulocken. Danach folgt oft Angeberei mit übertriebenen Liebesbekundungen und vorzeitigen «Ich liebe dich»-Aussagen.

Das dritte Zeichen ist die Diskrepanz zwischen Worten und Taten: Du spürst, dass etwas nicht stimmt, ignorierst aber dein Bauchgefühl. Die vierte rote Flagge zeigt sich darin, dass emotionale Investitionen ausbleiben, zum Beispiel persönliche Treffen.

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«Breadcrumbing entsteht oft aus Unsicherheit, Bindungsängsten oder dem Wunsch, Kontrolle über eine Beziehung zu behalten, ohne Verantwortung für eine ernsthafte Verbindung zu übernehmen. - Depositphotos

Das fünfte und deutlichste Warnsignal ist fehlende Verbindlichkeit. Plötzlich werden frühere Versprechen geleugnet und die Schuld auf dich geschoben. Viele Betroffene berichten auch von Gaslighting-Verhalten, bei dem ihre Wahrnehmung infrage gestellt wird.

Wenn dein Gehirn zum Spielautomaten wird: Die neurologischen Folgen emotionaler Manipulation

«Breadcrumbing» hinterlässt tiefe psychologische Spuren – Betroffene leiden unter niedrigem Selbstwertgefühl, Depressionen und Vertrauensproblemen. Das intermittierende Belohnungssystem ähnelt Suchtmustern, bei denen unvorhersagbare Belohnungen ein ständiges Verlangen erzeugen.

Dein Gehirn wird regelrecht umprogrammiert: Dein Belohnungszentrum wird durch das Verhalten deines Gegenübers überstimuliert. Bleibt die Belohnung aus, erlebst du Entzugserscheinungen wie schlechte Stimmung und Stress.

Menschen mit ADHD sind besonders anfällig für diese Achterbahnfahrt der Gefühle, da ihr Belohnungssystem sensibler reagiert. Die Höhen werden höher und die Tiefs tiefer erlebt als bei anderen.

Strategien für den Umgang: Sag dem «Breadcrumber» Lebewohl

Du hast genug?, wunderbar. Der erste Schritt, um einem «Breadcrumber» zu entgehen, besteht darin, zu sehen, wo du selbst stehst. Manchmal hilft es, den «Breadcrumber» zum Gespräch zu zitieren, aber nur, wenn du dir deiner Sache schon einigermassen sicher bist.

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«Breadcrumbing» kann zu Depressionen und anderen psychischen Belastungen führen. Eine Therapie hilft, den Weg heraus zu finden. - Depositphotos

Fünf bewährte Bewältigungsstrategien haben sich als besonders wirksam erwiesen:

- soziale Unterstützung durch Familie und Freunde

- Selbstarbeit durch Therapie oder persönliche Entwicklung,

- Ablenkung durch andere Lebensbereiche

- Beenden der Beziehung

- persönliche Bewältigungstechniken wie Sport oder Meditation.

Mit diesen Strategien kannst du dich vor zukünftigen emotionalen Manipulationen schützen und authentische Verbindungen aufbauen. Sei ehrlich: Daten soll zu dir und deinem Leben passen. Und der oder die «Eine» findet sich vielleicht genau so, indem du alle(s) andere(n) vorher selbstbewusst und gründlich aussortierst ...

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