Scheidung zu teuer? Paare kämpfen um ihre Ehe
In Grossbritannien führen die hohen Scheidungskosten und die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu vermehrten Gängen zum Therapeuten – statt zum Anwalt.
Inmitten der aktuellen Lebenshaltungskostenkrise in Grossbritannien scheinen verheiratete Paare eine neue Strategie zur Geldersparnis entwickelt zu haben: Sie arbeiten an ihren Beziehungsproblemen, statt sich scheiden zu lassen.
Jüngste Untersuchungen deuten darauf hin, dass die hohen Kosten einer Scheidung viele dazu zwingen, ihre Ehen zu retten. Eine Analyse ergab, dass die Google-Nachfrage nach Scheidungsanwälten im Zeitraum von 2022 bis 2023 um 4,5 Prozent gesunken ist.
Im Gegensatz dazu stieg das Interesse an Paartherapien im selben Zeitraum um beachtliche 10,6 Prozent.
Kostspielige Trennung vs. günstigere Therapie
Durchschnittlich müssen Einzelpersonen mit Anwaltskosten von mindestens 2000 Pfund (ca. 2300 Schweizer Franken) rechnen, wenn sie eine Scheidung einreichen möchten. So die Angaben des Finanzinformationsdienstes Moneyhelper.
Dem gegenüber stehen durchschnittliche Kosten für eine Sitzung bei einem Paartherapeuten von lediglich 70 Pfund. Qarrar Somji, Direktor und Rechtsanwalt bei Witan Solicitors, erklärt der englischen Zeitung «Express» gegenüber, dass Geld eine Rolle spiele in der Entscheidung, ob man seine Ehe beendet.
Wenn die Wirtschaft gut läuft, sei es einfacher für Menschen, sich scheiden zu lassen – dann können Sie Häuser kaufen und verkaufen. Aber wenn es hart auf hart kommt, werde es schwieriger, so Somji.
Therapie als Rettungsanker
Somji fügt hinzu, dass sich Menschen in einigen Fällen zur Rettung ihrer Ehen dafür entscheiden, Geld für Beratungen auszugeben, anstatt kostspielige Scheidungen durchzumachen. Obwohl auch eine Therapie Kosten verursacht, kann sie langfristig gesehen kosteneffizienter sein.
Sie hilft Paaren dabei, ihre Probleme anzugehen, und verbessert die Kommunikation zwischen den Partnern. Trotz des Abwärtstrends der Scheidungsraten seit 2003 gab es 2023 einen Anstieg von fast 10 Prozent auf insgesamt 9913 Scheidungen.